Was ist ein Digitaler Zwilling?
Entdecken Sie Potenziale & Chancen Digitaler Zwillinge
Ein Digitaler Zwilling ist weit mehr als eine virtuelle Kopie physischer Objekte. Er stellt eine intelligente, datengetriebene Abbildung von Produkten, Maschinen oder Prozessen dar und revolutioniert die Art und Weise, wie Unternehmen ihre Produktionsabläufe, Wartungsstrategien und Innovationsprozesse gestalten. Dabei geht es nicht nur um Simulationen von Assets, sondern auch um bidirektionale Interaktion und die Verknüpfung mit anderen digitalen Systemen.
Die technologische Basis: Wie funktioniert ein Digitaler Zwilling?
Ein Digitaler Zwilling entsteht durch die Kombination aus Sensortechnologie, Datenintegration, Simulation und Analyseverfahren. Die Grundlage bildet die kontinuierliche Erfassung von Daten durch Sensoren, die physikalische Parameter wie Temperatur, Druck oder Vibrationen messen. Dabei beschreibt er nicht nur den aktuellen Zustand eines Objekts, sondern kann auch als "Digital Name Plate" fungieren – also als digitale Visitenkarte, die essenzielle Informationen bereitstellt. Zudem kann ein Digitaler Zwilling Standortdaten enthalten und somit als räumlicher Zwilling genutzt werden.
Die erfassten Daten werden über industrielle Kommunikationsprotokolle wie OPC UA oder MQTT übertragen, die speziell im Maschinenumfeld Anwendung finden. Datenräume sind nicht direkt Teil eines Digitalen Zwillings, sondern ermöglichen den übergreifenden Austausch von Informationen – beispielsweise über den Eclipse Dataspace Connector. Die Weiterleitung an einen Datenraum stellt daher eine zusätzliche Funktion dar, die Unternehmen zur übergeordneten Datennutzung einsetzen können. Dort erfolgt die Verarbeitung durch KI-gestützte Algorithmen, die Simulationen durchführen und Optimierungsvorschläge ableiten.
Einheitliche Datenmodelle und Verwaltungsschalen wie die Asset Administration Shell (AAS) – auf Deutsch Digitale Verwaltungsschale – erleichtern die Integration Digitaler Zwillinge in bestehende IT-Systeme. Die Standardisierung dieser Modelle ermöglicht es, dass verschiedene Unternehmen gemeinsam einen Digitalen Zwilling nutzen und mit Daten anreichern können – beispielsweise Automobilhersteller und ihre Zulieferer. Dies stellt sicher, dass alle Beteiligten auf eine konsistente und kompatible Datenbasis zugreifen können.
Grundlagen und Funktionsweise Digitaler Zwillinge
Ein Digitaler Zwilling kombiniert physische und digitale Welten. Dies sind die zentralen Komponenten:
- Sensoren und Datenerfassung: Moderne Messsysteme erfassen kontinuierlich Parameter wie Temperatur, Druck und Schwingungen.
- Datenübertragung und -integration: Die erfassten Daten müssen zuverlässig und in Echtzeit an zentrale Systeme weitergeleitet werden. Hier kommen leistungsfähige Übertragungstechnologien wie 5G, WLAN oder industrielle Kommunikationsprotokolle wie OPC UA und MQTT zum Einsatz. Doch nicht nur die Übertragung ist entscheidend – auch die Integration in bestehende IT-Infrastrukturen, wie ERP-, MES- oder PLM-Systeme, spielt eine zentrale Rolle. Datenräume und standardisierte Schnittstellen ermöglichen dabei den sicheren Austausch über Unternehmensgrenzen hinweg.
- Simulation und Modellierung: Virtuelle Modelle bilden reale Prozesse ab und simulieren unterschiedliche Szenarien.
- Echtzeitanalyse: Mithilfe von Cloud- und Edge-Computing können erfasste Daten direkt verarbeitet und analysiert werden. Dadurch lassen sich beispielsweise Anomalien in Maschinen frühzeitig erkennen, Engpässe in Produktionsabläufen vermeiden oder Prozessanpassungen nahezu in Echtzeit umsetzen. Besonders Edge-Computing bringt hier Vorteile, da die Verarbeitung direkt am Entstehungsort der Daten erfolgt – ohne Verzögerungen durch eine zentrale Cloud. So können Maschinen und Systeme autonom auf Veränderungen reagieren und Produktionsabläufe weiter optimiert werden.
- Visualisierung: Benutzerfreundliche Dashboards und Visualisierungstools machen komplexe Daten transparent und unterstützen Entscheidungen.
Digitale Zwillinge in der Fertigungsindustrie
In der Fertigungsindustrie sind Digitale Zwillinge ein Schlüsselwerkzeug zur Optimierung von Produktionsprozessen. Besonders kleine und mittelständische Industrieunternehmen (KMU) profitieren von dieser Technologie, da sie häufig mit begrenzten Ressourcen arbeiten und dennoch wettbewerbsfähig bleiben müssen. Zudem ermöglichen die digitalen Modelle eine flexiblere und kostengünstigere Anpassung an Marktanforderungen, was KMU einen entscheidenden Vorteil verschafft:
Product-Plus
Die Product-Plus-Lösung ist eine Zukunftstechnologie von Arvato Systems und Twindustrial, die Unternehmen eine transparente Sicht auf die Nutzung ihrer Produkte beim Endkunden ermöglicht – basierend auf Digitalen Zwillingen und IoT. Dabei werden Produkt- und Kundendaten auf Einzelstückebene zusammengeführt, um eine präzise Datenbasis für personalisierte Services zu schaffen. So eröffnen sich neue Potenziale, darunter Predictive Maintenance und individuelle Kundenerlebnisse. Durch frühzeitige Analysen und präzise Prognosen können Unternehmen nicht nur die Effizienz steigern, sondern auch die Kundenzufriedenheit nachhaltig verbessern.
Digitaler Produktpass (DPP)
Der Digitale Produktpass (DPP) schafft Transparenz über den gesamten Lebenszyklus eines Produkts – von Materialien und Fertigung bis hin zu Nutzung und Recycling. Durch standardisierte Daten ermöglicht er effizientere Prozesse, verbessert die Nachverfolgbarkeit und unterstützt eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft.
Digitaler Zwilling vs. Digitaler Schatten: Ein klares Verständnis
Ein klares Verständnis zentraler Konzepte ist entscheidend, um das Potenzial Digitaler Zwillinge voll auszuschöpfen. Besonders die Abgrenzung zum Digitalen Schatten spielt eine wichtige Rolle, da beide Begriffe oft verwechselt werden.
Während ein Digitaler Schatten lediglich eine passive, unidirektionale Abbildung eines Objekts darstellt und bestehende Daten sammelt, geht der Digitale Zwilling einen Schritt weiter: Er ist in der Lage, aktiv zu simulieren, zu optimieren und Vorhersagen zu treffen.
Hybride Modelle kombinieren beide Konzepte und ermöglichen eine flexible Optimierung von Produktions- und Wartungsprozessen. So können Unternehmen ihre bestehenden Systeme schrittweise modernisieren und gleichzeitig von neuen Technologien profitieren.
Herausforderungen und Zukunftsperspektiven
Die Einführung eines Digitalen Zwillings erfordert sowohl technologische als auch organisatorische Anpassungen. Eine der größten Herausforderungen ist die Integration heterogener IT-Systeme. Viele Unternehmen nutzen proprietäre Altsysteme, die nicht ohne Weiteres kompatibel mit modernen Cloud-Plattformen sind. Gleichzeitig stellen Cybersecurity und Datenschutz zentrale Aspekte dar, denn der Austausch sensibler Produktionsdaten erfordert hohe Sicherheitsstandards, insbesondere im Kontext der DSGVO.
Ein weiteres Hindernis ist die Kosten-Nutzen-Abwägung. Zwar bieten Digitale Zwillinge erhebliche Effizienzsteigerungen, doch die Implementierung ist mit Investitionen verbunden. Unternehmen müssen daher ein klares Geschäftsmodell entwickeln, das den langfristigen Return on Investment (ROI) sicherstellt. Zudem ist eine hohe Akzeptanz seitens der Mitarbeitenden erforderlich. Schulungsmaßnahmen sind essenziell, um Widerstände zu minimieren und das volle Potenzial der Technologie auszuschöpfen.
Zukunftspotenziale: Vom Digitalen Zwilling zur datengetriebenen Industrie
Die Zukunft des Digitalen Zwillings ist eng mit Fortschritten in Künstlicher Intelligenz (KI) und Datenanalyse verknüpft. KI-gestützte Digitale Zwillinge werden nicht nur bestehende Prozesse optimieren, sondern auch neue Produktionsmethoden selbstständig entwickeln. Technologien wie Augmented Reality (AR) und Virtual Reality (VR) schaffen neue Interaktionsmöglichkeiten, beispielsweise durch virtuelle Maschineninspektionen.
Eine weitere spannende Entwicklung betrifft Blockchain-Technologien, die eine sichere und transparente Verwaltung von Digitalen Zwillingen ermöglichen. Dies wird insbesondere in global vernetzten Lieferketten an Bedeutung gewinnen. Zudem könnten Digitale Zwillinge künftig als eigenständige Wirtschaftsgüter gehandelt werden, indem Unternehmen digitale Abbilder ihrer Maschinen oder Prozesse monetarisieren.
Fazit
Digitale Zwillinge sind weit mehr als ein kurzfristiger Technologietrend. Sie führen zu einer tiefgreifenden Transformation der Fertigungsindustrie und ermöglichen effizientere, flexiblere und datengetriebene Produktionsprozesse. Die Implementierung erfordert eine strategische Herangehensweise, die sowohl technologische als auch organisatorische Herausforderungen berücksichtigt. Unternehmen, die frühzeitig investieren, können nicht nur ihre Effizienz steigern, sondern auch völlig neue Geschäftsmodelle erschließen. Wer heute beginnt, Digitale Zwillinge zu implementieren, legt den Grundstein für die datengetriebene Industrie der Zukunft.